Wie du die Afrohaar-Pflege deines Kindes zu einem positiven Erlebnis machst
Die Pflege von Afrohaaren stellt uns Eltern manchmal vor Herausforderungen. Kaum ein Kind zählt Haare kämmen zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Gerade Locken brauchen manchmal noch ein kleines bisschen mehr Aufmerksamkeit. Wie dir die Afrohaar-Pflege deines Kindes leichter von der Hand geht und du euch beiden sogar noch etwas Gutes tust, kannst du hier lesen.
In diesem Text soll nichts romantisiert werden. Die Realität ist Folgende: Das Leben ist herausfordernd, Kinder großziehen erfordert unglaublich viel Kraft und die Pflege vom Curly Hair unserer Kinder, das ein kleines Extra an Zuwendung benötigt, erscheint manchmal als genau das, was Eltern on-top einer langen To-Do-Liste nicht auch noch brauchen können. Aus Kinder-Perspektive mag es nicht anders sein. Haare waschen, beim Kämmen still sitzen und vielleicht sogar noch frisiert werden - es mag Spannenderes auf dieser Welt geben.
Die Haar-Pflege zu einem positiven Erlebnis zu machen, ist ein hoher Anspruch, klappt nicht zu jedem Zeitpunkt und ganz bestimmt auch nicht sofort. Es gab auch bei uns Momente, da wurde sich verweigert und geschimpft. Es gab Zeiten, da wurden Tränen vergossen und herzzerreißend nach dem Papa gerufen (der Erzählungen zufolge viel sanfter vorgeht). Es gab Phasen, in denen gar nicht gekämmt werden durfte!
Es lohnt sich aber, langfristig in eine positiv besetzte Haar-Routine zu investieren, die unseren Kids of Color gesunde Haare und möglicherweise auch einen gesteigerten Selbstwert beschert. Das Stichwort lautet hier mal wieder Selflove. Natürlich sollte allen Kindern immer und grundsätzlich mit Liebe und Wertschätzung begegnet werden. Dies bekommt aber gerade in Zusammenhang mit den Haaren Schwarzer Kids noch einmal eine besondere Bedeutung. Sie machen die leidvolle Erfahrung, dass vage bekannte oder gar fremde Menschen - die Klassenlehrerin, der Busfahrer, die Nachbarin von schräg unten, der Mitschüler oder die neue Briefträgerin - ihre Haare bewundern, bestaunen, belächeln, bewerten und leider auch viel zu oft ungefragt betatschen. Nicht selten kommt es zu abwertenden Zuschreibungen. Da wird mitunter das lockige Haar von Menschen mit dem Haupthaar diverser Tiere verglichen - ganz so als wäre nichts dabei. Selbst in der eigenen Familie sind Kinder nicht immer vor solchen Abwertungen geschützt. Im Freund*innenkreis meiner Tochter gibt es eine Mutter, die sich wiederholt und ausschweifend so unglücklich über das Haar ihres Kindes ausgelassen hat - welches so anstrengend zu "bändigen" wäre - dass es schon beim Zuhören wehtat. Das Kind stand derweil hilflos daneben. Das ist kaum auszuhalten, das löst Scham aus, das tut weh! Kurzum: All das können Schwarze Kinder zu Hause nicht auch noch gebrauchen.
Deswegen ist die wichtigste Voraussetzung, in Bezug auf den Körper und das Haar unserer Kinder eine Kultur der Anerkennung zu pflegen. Eine Kultur, in der negative Bewertungen, aber auch überzogene Herausstellungen von "Besonderheiten" oder Exotisierungen zum absoluten No-Go erklärt werden! Ein aufrichtiges, authentisches Kompliment, das vom Herzen kommt hingegen, hört jede*r gern und auch Kinder spüren den Unterschied. Die gemeinsame Haarpflege wird dann eine wunderbare Möglichkeit, die Locken und das Kind mit Liebe zu beschenken.
Dafür sollten zumindest die Basics der Afrohaar-Pflege beherrscht werden. Das bedeutet zum Beispiel, die Haare gründlich zu befeuchten und pflegende Produkte, die das Kämmen erleichtern, zu nutzen. Auch das hat etwas mit Wertschätzung zu tun, denn jeder Mensch hat es verdient, mit seinen Bedürfnissen wahrgenommen zu werden – und wenn es nur die Anforderungen sind, welche an die individuelle Haar-Pflege gestellt werden. Es hat aber auch ganz praktische Gründe: mit etwas Know-how können unnötige Schmerzen vermieden und effizient und zeitsparend gearbeitet werden. Gerade im Umgang mit Kindern, deren Toleranz-Grenze für schmerzendes Kämmen sehr gering ist und die ungern lange auf einen Fleck verweilen, ist dies besonders wichtig.
Ein weiterer praktischer Tipp ist es, die Haarpflege zur Routine zu machen, indem ein fester, regelmäßiger Termin daraus wird. Das schafft Verbindlichkeit und unterstützt dabei rechtzeitig – das heißt vor allzu hartnäckiger Knotenbildung - zu pflegen und zu kämmen. Routinen haben den Vorteil, dass sie auch von Kindern leicht akzeptiert werden und sie sich zum jeweiligen Zeitpunkt (fast) von selbst drauf einstellen. Gegen die tägliche Zähneputz-Routine wurde bei uns jedenfalls nur selten ernsthaft rebelliert.
Wie bei allem ist es auch bei der Haar-Pflege der Naturlocken hilfreich, Kinder teilhaben zu lassen und einzubeziehen – denn das motiviert! Einem Kind macht es vielleicht Spaß, beim Anrühren von Do It Yourself- Produkten zu helfen. Andere möchten selbst schamponieren und ein wenig kämmen. Älteren Kindern kann der Zweck der ganzen Angelegenheit und der einzelnen Schritte erklärt werden. So hat unsere das große Kind/ältere Kind bei uns zu Hause irgendwann angefangen, sich lange Haare zu wünschen. Seitdem ich erklärt habe, dass ich dabei helfen kann, den Locken gesundes Wachstum zu verschaffen, wenn ich sie doch nur regelmäßig waschen, pflegen und auskämmen dürfte, hat es sehr viel Verständnis und verzeiht es mir großzügig, wenn es einmal ziept.
Das kleine Kinde/jüngere Kind legt auf gepflegte oder gesunde Haare absolut keinen Wert und lässt sich damit nicht hinter dem Ofen hervorlocken. Gängige Stereotypen weiblicher Schönheit und sonstige Beauty-Standards werden sowieso energisch abgelehnt. Aber auch Kinder, für welche die Haar-Routine keinen höheren Zweck verfolgt, der die Mittel heiligt, können motiviert werden. Die Haarpflege-Routine kann mit Dingen versehen werden, die Spaß machen und Verbundenheit schaffen. Das kann ein schönes Schaumbad im Vorfeld sein. Oder eine spannende Hörgeschichte, die gemeinsam gehört wird. Bei Sonnenschein kann das Programm nach draußen verlegt werden. Und ja, des Öfteren darf das bei uns auch ein Film oder eine Serie sein, wenn es ablenkt und uns hilft, entspannt und ohne Ärger durch das Haarekämmen und Flechten zu kommen. Dabei muss nicht einfach wahllos die Glotze angeschmissen oder ein Tablet in die Hand gedrückt und die Kinder davor berieselt werden. Eine Zeit lang hatten wir die Tradition, jedes Mal eine Folge einer extra für diesen Zweck ausgewählten Serie zu schauen, auf die wir uns schon freuten. Die Hauptsache ist, sich die Zeit so angenehm wie möglich zu machen und das zu genießen, was man so schön Quality-Time nennt. Zeit mit den Eltern verbringen Kinder meistens gern. Wenn das bedeutet, dass dabei die Löckchen gepflegt werden, nehmen das viele Kinder gerne hin.
Manchmal aber nützt aller gute Wille nichts - wir sind müde oder gestresst oder lustlos oder alles gleichzeitig. Dann empfiehlt es sich, die Haar-Routine für den Moment sausen zu lassen, gedanklich einen neuen Termin zu notieren und die Füße hochzulegen. Das schlechte Gewissen, dass die Quittung dafür in der nächsten Woche womöglich mit dem doppelten Aufwand folgt, darf ignoriert werden! Es wird schon nicht so schlimm sein! Es lohnt sich sowieso immer, die Arbeit mit der Partnerin, dem Partner oder einer Bezugsperson der Kinder auf zwei oder mehrere Schultern zu verteilen. Dann kann die Bürste an gewissen Tagen auch mal unkompliziert weitergereicht werden. Und ganz wichtig: Auch wenn einige männlich sozialisierte Menschen sich bei der Haarpflege ihrer Kinder dezent zurückhalten… Ihr habt auch mehr oder weniger Haare auf den Kopf und solltet mit den Vorgang des Kämmens gut vertraut sein. Nur Mut! Ihr könnt das bestimmt auch ganz hervorragend noch viel mehr übernehmen und andere Familienmitglieder (häufig Mütter) damit entlasten. Mit diesen Tipps klappt es bestimmt, die Haar-Pflege eurer Kinder zu einem positiven Erlebnis zu machen.